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Rassismus in der Sprache - No exit?

Haende mit Kerze und Stacheldraht

Rassismus in der Sprache - No exit?

ich bin mit Worten wie „Negerkuss“, „Zigeunerschnitzel“ oder „Rasse“ aufgewachsen. Nie habe ich die Begrifflichkeiten anhand ihrer Bedeutungen hinterfragt. Auch noch heute weiß ich, wenn mich eine Freundin nach einem „Negerkuss“ fragt, was damit gemeint ist. Ein Schaumkuss, eine mit Schokolade umzogene Süßigkeit, die damals der Trend auf dem Schulpausenhof war. Ein Negerkuss gequetscht zwischen zwei Brötchenhälften. Jeder wusste etwas mit dem Begriff anzufangen, hat ihn meist nicht missverstanden, bezogen auf rassistische Äußerungen, uncl ihn jahrelang weiterverwendet. Bis heute.

Kurz zur Begrifflichkeit: Das Wort „Neger“ ist eine abwertende Bezeichnung für dunkelhäutige Personen. Auch der Begriff Zigeuner findet eine abwertende Bedeutung. Man nannte die Minderheiten, Sinti und Roma, Zigeuner und sagte ihnen nach, dass sie eigenartige Züge der Persönlichkeit hätten.

Diese „Rassenbegriffe“ stammen aus der Zeit des Kolonialismus 1884-1919. Sogenannte Rassentheorien stuften die Menschen in verschiedene Gruppen, bezüglich ihrer unterschiedlichen Hautfarbe, Kopfform, Charaktereigenschaften usw. Heutzutage gelten diese Begriffe als überholt. Das Problem, dass wir diese Begriffe weiterhin in den Mund nehmen, liegt daran, dass wir zur Zeit des Kolonialismus nicht lebten uncl daher meist nicht erahnen können, welche Begriffe verboten gehören. Wir waren keine Zeugen dieser Zeit und haben uns nicht weitgehend damit auseinandergesetzt. Mit dem Nationalsozialismus haben wir uns auseinandergesetzt. Es ist Teil der jüngeren deutschen Geschichte, weshalb den Schülern darüber berichtet wird. Wir bekommen demnach mit, weiche Begriffe heutzutage aufgrund der damaligen Situation Sätze wie „Du scheiß Judel“ oder „Du gehörst vergastl“ verboten sind. Wir setzen uns demnach mit der Sprache der Zeit auseinander und lernen daraus.

Doch der Begriff „Jude“ hat an sich keine schlimme Bedeutung. Jude nennt man Anhänger des jüdischen Glaubens. Doch durch die Zeit des Nationalsozialismus hat der Begriff Jude eine abwertende Bedeutung erhalten. ln der Zeit des Nationalsozialismus wurde der Begriff Jude zum Symbol eines Schimpfwortes umfunktioniert. Dieser Hintergedanke bleibt den Menschen im Kopf und lässt ihn die wahre Bedeutung des Wortes vergessen.

Bemerkbar ist, dass häufig Kinder diese Begriffe verwenden aufgrund von fehlender Aufklärung. Auch ich muss zugeben, dass ich mit neun Jahren noch den Begriff des Negerkusses verwendet oder im Kindergarten das Spiel „Wer hat Angst vor dem schwarzen Mann?“ gespielt habe. Man hat mir die Bedeutungen dahinter nie beigebracht. Wenn ich heute darüber nachdenke, wurde mir die Message rübergebracht, dass ein schwarzer Mann böse und angsteinflößend sei. Dies muss in Zukunft vermieden werden, doch noch heute wird das Spiel in den Kindergärten gespielt unter dem gleichen Titel. Es könnte ja auch heißen „Wer hat Angst vor dem weißen Mann?“.

Worte können stark verletzen und beleidigen. Dies passiert nicht immer mit Absicht, sondern häufig aufgrund von Unklarheiten ihrer wahren Bedeutungen. Doch zu betonen ist, dass wenn die Worte Neger oder auch Mohr venıvendet werden, wird eine klare Positionierung zum Rassismus erkennbar. Die Bedeutungen dieser Begriffe sollten allen Menschen bewusst sein und daher in der Öffentlichkeit vermieden. Wenn dies nicht auftreten sollte und die Begriffe noch immer in Umlauf sind, ist eine Tendenz des rassistischen Denkens annehmbar und erkennbar.

Der eben aufkommende Begriff „Mohr“ hat eine ebenfalls abwertende Stellung, gleichzusetzen mit Neger. Übersetzt aus dem griechischem bedeutet es dumm und bezieht sich meist auf schwarze Menschen mauretanischen oder nordafrikanischen Ursprungs. Häufig tritt dieser Begriff in Straßennamen oder Apotheken auf. Die Apotheken beziehen sich hierbei keinesfalls auf das afrikanische Individuum, sondern auf die Heilkunst. Der Name habe mit der Tradition der Pharmazie zutun, mit den Mauren, die ihre Heilkunst nach Europa gebracht hätten. Auch Straßennamen wie die Mohrenstraße erinnern an den heiligen Gregorius Maurus, der sich weigerte gegen Christen zu kämpfen. Mit diesen Beispielen wird deutlich, dass jeder Name, sei es Straßenname oder Markenname eine eigene Entstehungsgeschichte nachweist und es nicht immer auf die eigentliche Bedeutung zurückzuführen ist.

Zu Anfang meiner Einleitung nannte ich ebenfalls den Begriff Rasse als Beispiel einer rassistischen Äußerung. Wieso? „Ist doch ein normales Wort“, würden viele meiner Mitschüler sagen. Uns wird beigebracht, dass die Menschen damals in Rassen eingeteilt wurden. Menschen sind nicht in Rassen einzuordnen. Wir Menschen sind alle Menschen und dort gehören keine Unterschiede gemacht. Wir sind keine Tiere, die in Katzen und Hunde unterschieden werden. Durch solche „Rassen“-trennungen wird eine Art der damaligen Ständegesellschaft wieder herbeigerufen. Die Menschen werden anhand ihrer Bedeutsamkeit für die Gesellschaft bewertet und in unterschiedliche bedeutsame Hierarchien eingeteilt. Dies gehört vermieden!

Besonders auffällig ist, dass nach dem Tod von George Floyd die Diskussion zum Thema Rassismus eskalierte. George Floyd war Afroamerikaner und wurde von Polizisten gewaltsam getötet infolge einer Festnahme. Die (weißen) Polizisten handelten auf offener Straße, in Anwesenheit von anderen US- Amerikanischen Bürgern. Nun stellen sich im Netz und auch in der Öffentlichkeit die Frage, ob die Polizisten genauso gehandelt hätten, wenn George Floyd ein weißer Bürger gewesen wäre. Anhand vieler Foren und lnten/iews mit Zeugen des Vorfalls wird klar: Nein! Noch immer sei die schwarze Bevölkerung der weißen deutlich unterlegen.

Abschließend wäre zu betonen, dass die Sprache den Rassismus nicht verhindern wird. Doch sie kann Widerstand gegen Rassismus leisten. Menschen, die also ihre Aussagen überdenken und rassistische Äußerungen in ihrem alltäglichen Sprachgebrauch unterlassen, leisten Widerstand gegen den Rassismus.

Um auf den Titel Bezug zu nehmen, ob es für Rassismus in der Sprache keinen Ausweg gäbe, würde ich persönlich sagen, nein. Durch die verschiedenen Missverständnisse unterschiedlicher Begriffe bleiben Begriffe wie die „Mohrapotheke“ auch weiterhin in Gebrauch. Zwar wissen wir anhand der Stellungnahmen der Inhaber, bzw. der Gründer dieser Apotheken, dass die Beweggründe zur Benennung andere sind, doch trotzdem bleiben bei den „Zuschauern“ die Assoziationen zum schwarzen Mann. Es ist also wichtig weiterhin, sich über Begriffsdefinitionen unbekannter Wörter zu informieren und nach ausreichender Recherche sie richtig zu verwenden, um niemanden zu verletzen oder gar moralisch anzugreifen. Ebenso ist es von Relevanz, sich daran zu erinnern, dass wir uns nicht mehr in der Kolonialzeit befinden. Die Begriffe haben in der heutigen Zeit eine diskriminierende Wirkung und haben daher in unserem Sprachgebrauch nichts zu suchen. Während der Kolonialzeit herrschte Unterdrückung gewisser Gruppen und dieser Wert sollte heute nicht mehr vermitteit werden.

Reflexion

Wieso habe ich mich für das Thema „Rassismus in der Sprache“ entschieden? Diese Frage lässt sich für mich persönlich ganz einfach beantworten. Ich bekomme in meinem Alltag immer häufiger mit, wie Personen meines Alters die Worte Neger in den Mund nehmen und andere Menschen damit beleidigen. Durch solch einen Sprachgebrauch unter Mitschülern kann häufig Mobbing entstehen. Auch können solche Beleidigungen die damalige Zeit einholen und ins Heute übergehen. Sie übernehmen sozusagen die lntentionen der Zeitzeugen gegenüber Diversitäten des Menschen.

Rassismus sollte keinen Platz in unserem Leben haben. Wir sollten offen sein dafür, dass wir Menschen unterschiedlicher Herkunft sind und somit einen Komplex an lndividuen darbieten.

Das Thema ist geradezu aktuell und bedarf mehr an Aufmerksamkeit, um die Gemeinschaft aller Menschen zu vereinen und niemanden auszuschließen, weil er anders aussehen mag, als man selbst. Wir alle sind besonders und das sollte man weitzuschätzen wissen.

Ich persönlich möchte beispielsweise nicht als Nazi bezeichnet werden, nur weil ich aus Deutschland komme. Es wäre für mich beleidigend und würde mich sehr wütend machen, da ich weiß, dass ich die Geschehnisse aus dem Zweiten Weltkrieg keinesfalls nachvollziehen kann und auch nicht möchte. Zum Glück kam dies noch nie vor, dass man mich persönlich diesbezüglich angegriffen hat. Doch genau so, kann man sich vorstellen, wenn eine schwarze Person mit Neger angesprochen wird. Es ist beleidigend und verletzt. Genau das sollten die Menschen tun, die andere Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Wurzeln verletzen. Sich in diese hineinversetzen. Sich Gedanken darüber machen, wie man selbst in so einer Lage denken würde, was man fühlen würde. Wenn dieses Umdenken stattfinden würde, würde die Welt eine bessere sein.

Rassismus in der Sprache - No exit?
EINE KLAUSURERSATZLEISTUNG ZUM THEMA
ERINNERN FÜR TOLERANZ
Denise Mester
2020